EuGH zur Dublin-III-VO: Keine Unterbrechung der Überstellungsfrist bei Aussetzung einer Abschiebung aufgrund der Corona-Pandemie
Der EuGH hat in zwei Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts mit Urteil vom 22. September – C-245/21 und C-248/21 – entschieden, dass in Verfahren nach der Dublin-III-VO eine Aussetzung von Abschiebungen aufgrund der Corona-Pandemie nicht zur Unterbrechung der sechsmonatigen Überstellungsfrist führt.
Während des Beginns der Corona-Pandemie sind in einer Vielzahl von Dublin-Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland die Abschiebungen ausgesetzt worden, weil Reisen zwischen den Mitgliedstaaten nur schwer möglich waren. Sodann hatte sich die zuständige Behörde auf den Standpunkt gestellt, dass die Aussetzung eine Unterbrechung der Überstellungsfrist bewirke und ein Zuständigkeitsübergang für die Prüfung des Asylverfahrens auf die Bundesrepublik Deutschland nicht stattfinde.
Der EuGH hat dem nun eine Absage erteilt. Er führt insbesondere aus, dass die Überstellungsfrist von sechs Monaten gewährleisten solle, dass die betroffene Person tatsächlich so rasch wie möglich an den für die Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaat überstellt werde. Eine Behörde könne die Aussetzung der Überstellung mit der Wirkung einer Fristunterbrechung deswegen grundsätzlich nur dann anordnen, wenn es zur Gewährleistung eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes erforderlich sei, den Aufenthalt des Asylbewerbers bis zum Erlass einer abschließenden Entscheidung über den Rechtsbehelf zu erlauben. Die Aussetzung der Abschiebung mit der Begründung, dass deren Durchführung praktisch unmöglich sei, könne nicht zur Fristunterbrechung führen, weil dies dem Beschleunigungsgedanken der Dublin-III-VO zuwiderliefe. Jaschar Stölting