„Fit-für-55“ – Reform und Erweiterung des EU-Emissionshandelssystems
Die Überarbeitung des europäischen Emissionshandelssystems (EHS) ist einer der zentralen Aspekte des „Fit-für-55“-Pakets, da die KOM in einem marktgesteuerten CO2-Preis ein wichtiges Instrument zur Reduktion von Treibhausgasen sieht. In ihrem Vorschlag vom 14. Juli empfiehlt sie deshalb eine Reihe von Reformen am bestehenden EHS. So sollen die Treibhausgasemissionen in den Sektoren des EHS, bislang sind das v. a. die Stromerzeugung und große Industrieanlagen, bis 2030 um 61 % statt 43 % fallen, der Sektor Seeverkehr soll hinzugefügt werden, und die bisher kostenfreien Zertifikate für den Luftverkehr bis 2027 sollen schrittweise auslaufen.
Außerdem soll die Obergrenze des EHS einmalig und anschließend mit einer höheren Rate als bislang abgesenkt werden. Die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten, von der bislang v. a. industrielle Anlagen profitiert haben, soll künftig an Bemühungen zur Dekarbonisierung gekoppelt werden. Und die Einnahmen aus dem bestehenden EHS sollen vollständig statt nur zu 50 % für Klimaschutzmaßnahmen ausgegeben werden.
Die größte Neuerung im KOM-Vorschlag ist jedoch die Idee, Gebäude und Verkehr ebenfalls dem Emissionshandel zu unterwerfen. Um Emissionsminderungen in diesen Bereichen anzustoßen, ohne die Funktionsweise des bestehenden EHS zu gefährden, schlägt die KOM ein eigenständiges EHS vor. Es soll ab 2026 vollständig in Kraft treten und wie in Deutschland in der vorgelagerten Wertschöpfungskette beim Inverkehrbringen der Brennstoffe ansetzen. Die Preise des Systems sollen zwar nicht gesteuert werden, doch würde die KOM einige Maßnahmen ergreifen, um die Kosten zu Beginn gering zu halten. Bezüglich der Funktionsweise würde das separate EHS dem Ursprünglichen durchaus ähnlich sein. Insgesamt sollen so die Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich und im Straßenverkehr bis 2030 um 43 % gegenüber 2005 abgesenkt werden.
Die Einnahmen aus diesem EHS sollen ebenfalls in Klimaschutzmaßnahmen fließen. Eine Besonderheit ist, dass mindestens 50 % der Einnahmen Haushalten mit niedrigem Einkommen zugutekommen sollen. Darüber hinaus sind z. B. Ausgaben für Gebäude, emissionsfreie Fahrzeuge, Ladeinfrastruktur oder den ÖPNV möglich. Karsten Gödderz