Taxonomie: KOM veröffentlicht delegierten Rechtsakt für Erdgas und Kernenergie
Die KOM hat am 3. Februar ihren ergänzenden delegierten Rechtsakt zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel, der bestimmte Gas- und Kernenergietätigkeiten abdeckt, vorgelegt. Die Vorlage erfolgte im Anschluss an eine Konsultation der Mitgliedstaaten, die noch am 31. Dezember 2021 eingeleitet worden war und den Mitgliedstaaten sowie Expertengremien eine Rückmeldung bis zum 21. Januar ermöglichte. Bei der nun erfolgten Vorlage des Textes wurden nach Angaben der KOM Hinweise der Mitgliedstaaten, der Expertengruppe sowie aus dem EP berücksichtigt.
Damit die Nutzung von Erdgas als Übergangstechnologie und folglich als taxonomiekonform eingestuft werden kann, müssen Kraftwerke entweder einen sehr niedrigen CO2-Grenzwert von 100g/kWh über ihren gesamten Lebenszyklus einhalten oder aber eine Reihe anderer Kriterien erfüllen. So müssten sich die Mitgliedstaaten u. a. zum Kohleausstieg verpflichten; weiterhin ist erforderlich, dass ein Gaskraftwerk gegenüber einer zu ersetzenden Anlage deutlich weniger Emissionen ausstößt und ab 2036 vollständig mit erneuerbaren oder kohlenstoffarmen Gasen wie Wasserstoff betrieben wird. Außerdem müsste die Baugenehmigung vor Ende 2030 erteilt werden. Für Atomenergie sind Neubaugenehmigungen bis 2045 möglich. Ferner müsste ein konkreter Plan für die Endlagerproblematik präsentiert werden, der die Inbetriebnahme des Lagers bis 2050 vorsieht.
Die für Finanzdienstleistungen zuständige Kommissarin McGuiness betonte bei der Vorstellung des ergänzenden delegierten Rechtsakts, dass die Zusammenstellung des Energiemixes weiterhin ausschließliche Angelegenheit der Mitgliedstaaten bleibt. Die Anwendung der Taxonomie erfolge rein freiwillig. Gleichwohl soll die Taxonomie als Richtschnur für die Nachhaltigkeit dienen und den Übergang zur klimaneutralen Zukunft mit überwiegend erneuerbaren Energien beschleunigen.
Der Vorschlag der KOM enthält auch eine Änderung des delegierten Rechtsakts über die Offenlegungspflichten, damit Investoren bessere Entscheidungen treffen können, welche Investitionsmöglichkeiten mit Gas- und Kernenergietätigkeiten verbunden sind.
Im Hinblick auf das weitere Verfahren gilt es nun die förmliche Annahme des Vorschlags durch die KOM abzuwarten; diese soll erfolgen, sobald alle Sprachversionen verfügbar sind. Mit der förmlichen Annahme beginnt die viermonatige Prüffrist, die von Rat und EP um zwei Monate verlängert werden kann, zu laufen. Der Entwurfstext der KOM kann dabei nur angenommen oder abgelehnt werden, inhaltliche Änderungen sind nicht möglich. Für eine Ablehnung im Rat bedarf es einer umgekehrten qualifizierten Mehrheit, d. h. mindestens 20 Mitgliedstaaten, die wiederum mindestens 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren, und im EP einer einfachen Mehrheit von 353 Stimmen.
Sofern eine Ablehnung nicht zustande kommt, treten die neuen Regeln zum 1. Januar 2023 in Kraft. Christoph Frank/ Karsten Gödderz