Rat und EP mit Durchbruch bei den GEAS-Verhandlungen
Die KOM hat vorgeschlagen, den Schutzstatus des Wolfs im Rahmen der Berner Konvention von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzustufen. Am 20. Dezember wurde ein entsprechender Vorschlag für einen Ratsbeschluss zusammen mit einer Analyse über den Status des Wolfs in der EU veröffentlicht. Die Berner Konvention ist ein 1979 geschlossener zwischenstaatlicher Vertrag des Europarats zum Erhalt der wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume. Vertragspartner sind 50 Staaten, darunter alle EU-Mitgliedstaaten. Eine Änderung des Schutzstatus des Wolfs im Rahmen der Berner Konvention würde die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der Status auch auf EU-Ebene geändert werden kann. Sowohl nach der Berner Konvention als auch nach der FFH-Richtlinie könnte mit dem geringeren Schutzstatus die Jagd auf den Wolf genehmigt werden. Die Bejagung einer geschützten Art muss dabei von den Mitgliedstaaten so geregelt werden, dass der günstige Erhaltungszustand der Populationen in ihren biogeografischen Regionen erreicht und erhalten wird.
Die Wolfspopulationen haben in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen. Es gibt mehr als 20 000 Wölfe mit meist wachsenden Populationen und expandierenden Streifgebieten sowie Rudel mit Welpen in 23 Mitgliedstaaten. Die fortgesetzte Ausbreitung hat zu zunehmenden Konflikten geführt, insbesondere im Zusammenhang mit vom Wolf verursachten Schäden an Nutztieren. Nach Einschätzung der KOM sind die Auswirkungen auf EU-Ebene zwar gering und die Gesamtschäden an Nutztieren auf Ebene der Mitgliedsländer tolerierbar, auf lokaler Ebene komme es jedoch zu einem starken Druck auf bestimmte Gebiete und Regionen. Da sich die Gegebenheiten geändert hätten, sei eine Anpassung des rechtlichen Schutzstatus gerechtfertigt, um größere Spielräume beim Wolfsmanagement zu eröffnen.
Der Vorschlag der KOM muss nun zunächst mit qualifizierter Mehrheit vom Rat gebilligt werden. Als Vertragspartei der Berner Konvention kann die EU dann dem „Ständigen Ausschuss des Übereinkommens“ den Änderungsvorschlag unterbreiten. Die nächste Sitzung des Ständigen Ausschusses, die für den vorgelegten Vorschlag relevant ist, ist für Ende 2024 geplant. Die EU könnte jedoch auch eine frühere Sitzung beantragen, wenn sie dies für notwendig hält. Sollte der Ständige Ausschuss dem Vorschlag für die Änderung des Schutzstatus für den Wolf folgen, wofür eine Zweidrittelmehrheit benötigt wird, könnte die EU über eine gezielte Änderung der FFH-Richtlinie entscheiden. Dies würde ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren unter Beteiligung von EU-Parlament und Rat erfordern. Brigitte Köhnlein